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Hinweise und Informationen für Lehrende
Dieser Text soll darüber Auskunft geben, was sich, meiner Erfahrung
nach, bewährt hat und was man vermeiden sollte. Einmal pro Woche habe ich
zu einem fixen Termin für eine Stunde meine Anwesenheit im MOO
garantiert. Diese Möglichkeit wurde von den Studierenden nicht viel
genutzt (allerdings mehr als meine reale Sprechstunde). Die Kommunikation
über Organisatorisches ließ sich problemlos abwickeln, über
Mathematik zu chatten, hat sich stets nach kurzer Zeit als so mühsam
herausgestellt, dass wir die Kommunikation auf einen mündlichen Termin
vertagt haben. Chat zwischen Studierenden fand statt, aber nicht in dem von
mir erwarteten Ausmaß, meistens beschränkte sich die Kommunikation
auf Informationsaustausch betreffend das MOO oder das Studium im
Allgemeinen.
Im Gegensatz zu den Problemen bei der Kommunikation via
Standard-Chat haben sich die erweiterten Chatmöglichkeiten des MOOs im
Rahmen der virtuellen Vorlesung als sehr praktikabel erwiesen. Die virtuelle
Vorlesung habe ich dazu genützt, den Studierenden Mathe-Online
(http://www.mathe-online.at) und Material, das im
Internet zur Verfügung steht, im Zusammenhang mit
Dynamischen-Geometrie-Programmen bzw. mit dem Thema Zahlbereiche zu zeigen.
Für diesen Zweck bot es sich an, die Vorlesung im MOO abzuhalten,
zumal die Studierenden so gleich
selbst das vorgeführte Material ausprobieren konnten. Die erweiterte
Chatfunktionalität des MOOs gibt die Möglichkeit, Texte und das
Einspielen von Internetadressen im Vorhinein vorzubereiten, sodass man dann
nicht live den Text der Vorlesung tippen muss. Vorlesungstext und
Internetseiten (sog. Dias) sind für die Studierenden auch
nachträglich noch einmal abrufbar. Grundvoraussetzung für das
reibungslose Funktionieren einer virtuellen LV scheint mir nach den bisherigen
Erfahrungen zu sein, dass die Studierenden bereits mit dem Umgang des MOOs
vertraut sind. Reibungslos habe ich geschrieben, da es sicher auch sonst
möglich wäre, aber man eben Reibungsverluste in Kauf nehmen müsste.
Ein MOO weist zwei spezifische Defizite für den Umgang mit Mathematik
auf. Für diese Defizite kann es nichts, damit meine ich, dass
es sich nicht um MOO-Spezifika handelt: Der Chat eignet sich, wie schon erwähnt, nicht zur
Kommunikation von mathematischen Inhalten. Die Chat-Funktion des MOOs regt zwar
zum pädagogisch wertvollen Schwätzen an, aber der Live-Austausch von
Informationen über Mathematik ist in diesem Rahmen kaum möglich.
Der andere Mangel verwundert auch nicht, da Lernplattformen u.ä. in
der Regel nicht für MathematikerInnen gemacht sind. Er besteht darin,
dass sich Formeln im MOO nicht unmittelbar editieren lassen. Man kann Formeln
entweder mit Hilfe eines Html-Codes einfügen oder durch Grafiken, auf denen die Formeln zu sehen sind. Beides ist für nicht vorgebildete Nutzer nicht sehr einfach. (Allerdings muss man sich vergegenwärtigen wie schlecht es um das Editieren von mathematischen Texten generell bestellt ist. Man denke nur daran, wie benutzerunfreundlich
noch vor wenigen Jahren etwa Latex war.)
Wenn also auch Chats zum Austausch über Mathematik nicht so gut
geeignet sind, so ist das MOO zur Archivierung von (mathematischer)
Information durchaus brauchbar, und wirklich gut geeignet ist es
schließlich, um Online-Lehrveranstaltungen zu interaktiven
(Mathematik-)Ressourcen im Internet abzuhalten. Vorbereitete Textblöcke
und URL-Eingaben ermöglichen das gezielte Abwechseln von Aktiv- und
Passivphasen der Studierenden, die via Chat das Tempo der Einspielungen
beeinflussen und Feedback geben sowie Zwischenfragen stellen können. Durch
das MOO wird man nicht selten zur Reflexion über
pädagogisch-didaktischem Fragen gedrängt, unter anderem dadurch,
dass sich pädagogische Probleme im MOO in einem anderem Erscheinungsbild
präsentieren und so auffallen: Die Tugend des Ausreden-Lassens gewinnt
eine neue Dimension im MOO. Du merkst nämlich nicht, dass der andere "noch spricht", da ja erst das Drücken der Enter-Taste einen Text, für dessen Verfassung der andere möglicherweise längere Zeit braucht, für dich lesbar macht. Dies ist aber einfach eine Chat-Angelegenheit.
Komplexer wird die Lage bei einer virtuellen Vorlesung. Die nicht-vorhandene physische Präsenz beraubt den Vortragenden/die Vortragende einer virtuellen Vorlesung eines Teils seiner Autorität, aber auch der Achtung, die man ihm üblicherweise dadurch zollt, dass man nicht gleichzeitig spricht, während er vorträgt. Der Text, den ein Vortragender im MOO spricht, ist Chat-Text wie jeder andere, muss daher von den Studierenden zu allererst als Vortrag akzeptiert werden. Dann müssen die Konventionen des entsprechenden Real-Life-Ereignisses "Vortrag" übernommen werden. Und schließlich muss man noch hoffen, dass die Gruppendynamik nicht dahin verläuft, dass die Studierenden ausnützen, dass man nicht lauter schreiben kann als sie. (Allerdings kann man Teilnehmer aus dem MOO hinauswerfen - deutlich leichter als aus einer wirklichen Vorlesung. Das hilft aber nur begrenzt, denn wenn die Kluft zwischen ergreifbaren Mitteln zu groß ist, sind sie unpraktikabel.)
Gewarnt durch die Erfahrung anderer habe ich die Studierenden in der Vorlesungsstunde davor um Zurückhaltung während der virtuellen Vorlesung gebeten. Das wurde akzeptiert. (Es gibt eine Möglichkeit im MOO, die Allgemeinheit nicht störend zu tratschen, die wurde ein wenig genützt.) Es hat sich als günstig erwiesen, dass ich also auch hier, wie das ganze Semester hindurch zur Klärung von Problemen, das Vorhandensein einer Präsenzphase vor der Online-Phase ausgenützt.
Der Umgang im MOO überwindet, wie der Umgang im Internet überhaupt, Barrieren. Das hat naheliegende Vor- und Nachteile, die ich hier nicht aufzuführen brauche. Ein sicher positiver Effekt davon ist, dass es durch das spontanere Feedback besser möglich ist, das Tempo eines Vortrags zu steuern u.ä.
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