|
Log einer
audiovirtuellen Lehrveranstaltung Eine Aufzeichnung der virtuellen
Lehrveranstaltung vom 16.06.2003, die Wortmeldungen der
Vortragenden (athena/Esther Ramharter) sind rot eingefärbt. Die Projektionen
können durch Anklicken angesehen werden.
Zugehöriger
Audiolog (mp3-download) Die Stimme der Vortragenden wurde während der
LV live über einen Streamingserver (icecast) ausgestrahlt, sodass die
Studierenden mithören konnten.
Landkarte vom MOOseum
1) Facts and Fiction
Die reale Lehrveranstaltung bestand in einer zweistündigen Vorlesung zu Schulmathematik "Geometrie" und ein Semester später zu Schulmathematik "Zahlbereiche" mit jeweils angeschlossener einstündiger Übung. Der virtuelle Teil bestand aus den Räumen, Dingen und Ereignissen in einer open source Lernumgebung mit Namen enCore educational MOO (= Multi user domain Object Orientated).
Die wirkliche Welt
Ich beginne mit einer detaillierteren Schilderung der realen
Umstände. Im WiSe 2002/03 und SoSe 2003 hielt ich die genannten
Vorlesungen am Institut für Mathematik der Universität Wien vor
jeweils etwa 30 HörerInnen, die in unterschiedlichen Semestern (2. bis
8.) ihres Studiums waren. Vorlesung und Übung werden üblicherweise
ohne Computerunterstützung abgehalten. Keine/r der Studierenden hatte
Erfahrungen mit einer einem MOO vergleichbaren Lernumgebung. Die allgemeinen
Computerkenntnisse waren sehr gestreut. Es gab TeilnehmerInnen, die nicht mehr
als Emails schreiben konnten, und solche, die Informatik studierten. Es
wurde ihnen freigestellt, entweder eine schriftliche oder
mündliche Prüfung zum Zeugniserwerb zu machen oder mittels kontinuierlich erbrachter
Beiträge im MOO, die zum Stoff der Vorlesung wiederholend und erweiternd
sein sollten, ein Zeugnis zu erwerben.
Das MOO
Das MOO, das im Rahmen meiner LV von den Studierenden gestaltet wurde, hat
den Namen MOOseum Geometrie und findet sich unter
http://ilias.philo.at:7000. Im Rahmen der LV wurden unterschiedlich
breitgesteckte Aufgaben gegeben, deren Bearbeitung in Form von im MOO zu
deponierenden Zetteln erfolgen sollte. Außerdem habe ich die Angaben
für die Übungen wöchentlich im MOO zur Verfügung
gestellt.
Für den Einstieg habe ich sehr konkrete Aufgaben gewählt, um die
in der Anfangsphase anstehenden technischen Schwierigkeiten nicht noch mit
Unklarheiten betreffend die Aufgabenstellung zu überlagern.
Folgende Arten von Aufgaben sollten von den Studierenden
bearbeitet werden: a) Beispiele aus dem jeweiligen Stoffgebiet lösen,
Angaben für solche Beispiele selbst erstellen b) offenere
Aufgabenstellungen wie die Darstellung einer Unterrichtssequenz, die
Besprechung eines selbstgewählten Artikels aus einer
Didaktik-Zeitschrift,... c) völlig freie Beiträge.
Zum Ende des Semesters habe ich eine virtuelle Vorlesung abgehalten,
im ersten Semester ohne, im zweiten mit zusätzlicher
Tonübertragung.
2) Probleme der Studierenden
Die Schwierigkeiten mit der Technik hielten sich sehr in Grenzen, auch im
ersten Semester, in dem ich keine Einführungsstunde am PC gemacht habe, sondern
nur eine halbe Stunde Vorführung mit Laptop und Beamer im
Hörsaal. Insgesamt 5 Studierende haben behauptet, sich aufgrund von
Schwierigkeiten mit der Technik nicht beteiligt zu haben. Die Probleme, die
sich ergeben haben, waren eher banaler Art: Einige Studierende vergaßen
die Angabe :7000 bei der URL des MOOseums, obwohl ich mehrfach auf die
Wichtigkeit der Angabe des Ports hingewiesen hatte.
Das zweite häufiger
auftretende Problem ist eine MOO-spezifische Kleinigkeit: Zettel oder Dinge,
die man im MOO erstellt hat, trägt man, solange man sie nicht ablegt, mit
sich herum. In diesem Zustand sind sie nicht am Bildschirm sichtbar. (Man kann
sie durch das Anklicken der richtigen Buttons ansehen, aber dazu muss man
schon einigermaßen orientiert im Umgang mit dem MOO sein.)
Erst durch
Eingabe des Befehls 'drop' im Texteingabefeld wird im Raum der erstellte Text
für den Textersteller und die anderen User sichtbar.
Dieser drop-Vorgang
macht unter anderem auch deswegen Schwierigkeiten, weil alle anderen bis dahin
auszuführenden Kommandos per Mausklick funktionieren, während nun
ein Befehl per Texteingabe zu erfolgen hat, nochdazu in einem Feld, das bis
dato nur für den Chat gebraucht wurde. Diese Schwierigkeit rührt
daher, dass Vorläufer-MOOs viel stärker textbasiert (wie die
frühen Adventures) waren, zu denen im Nachhinein benutzerfreundlichere
Strukturen geschaffen worden sind - insgesamt ist das Ganze aber nun
eine Mischform aus textbasiertem und objektorientiertem Setting.
Ein drittes Problem geht zum Teil auf eine technische Unausgegorenheit des
MOOs zurück. Das Einfügen von Bildern (die mir die Studierenden per
E-Mail geschickt haben und ich auf einen Uni-Server gelegt habe) erfolgt via
Html. Allerdings ist von den drei Editor-Optionen des MOOs zum Text-Eingeben
nur eine dazu geeignet, Bilder in dieser Weise einzubinden, diese
Möglichkeit hat dafür andere Nachteile wie etwa keine automatischen
Zeilenumbrüche. (Überhaupt ist nicht ganz durchsichtig, wo das MOO
welche Html-Befehle akzeptiert.)
Studierende, die (nur) Word benutzen wollen,
müssen ihre Dateien über Links zugänglich machen. Diese
Schilderungen mögen aber nicht den Eindruck erwecken, der Umgang mit
einem MOO wäre prinzipiell kompliziert. Er erfordert praktisch keine
Vorkenntnisse und ist sehr selbsterklärend (die Hilfsfunktion ist
allerdings nicht sehr gut).
3) Beteiligung der Studierenden
Die Beteiligung der Studierenden waren unterschiedlich engagiert,
Verweigerung gab es aber kaum, fast alle haben von der Möglichkeit
Gebrauch gemacht, ein Zeugnis per Eingaben ins MOO zu erwerben. Dabei waren
sie natürlich unterschiedlich kreativ: Einige erfüllten nur genau
die konkret an sie gestellten Mindestanforderungen, indem sie die geforderten
Zettel in den im MOO dafür jeweils vorgesehenen Räumen
deponierten. Andere erstellten eigenständig Räume im MOO zu von
ihnen gewählten, aber auf die Vorlesung bezogenen, Themen, und 2-3
Studierende erzeugten sogar ganze Komplexe aus mehreren zusammenhängenden
Räumen.
An der virtuellen Vorlesung zu Semesterende nahmen praktisch
ausnahmslos alle Studierenden teil, obwohl es natürlich keine
exekutierbare Verpflichtung dazu geben konnte. Jeweils etwa 5 der Studierenden
nützten zu diesem Zweck ein am Institut zur Verfügung stehendes
PC-Labor, die restlichen waren zu Hause eingeloggt.
Gruppenarbeit im MOO gab es wenig, allerdings haben sich öfters Gruppen gebildet,
die für das MOO gemeinsam etwas vorbereitet haben, wie zum Beispiel die Fragebögenaktionen.
Die geringe Online-Kooperation kann auch damit zusammenhängen, dass das
gemeinsame Gestalten von Objekten im MOO durch die Eigenschaften des MOOs
nicht eben unterstützt wird und dass es kein Diskussionsforum im strengen
Sinn enthält.
4) Reaktionen
Allein die Tatsache der regen Beteiligung werte ich als Reaktion. Bis auf
sehr wenige Studierende zogen alle TeilnehmerInnen die kontinuierliche und
aufwendigere Arbeit über die Dauer des ganzen Semesters einer
Schlussprüfung vor und erschienen, wie erwähnt, auch noch in der
letzten Semesterwoche zur virtuellen Vorlesung. Dies ist wohl ein starkes
Indiz dafür, dass das MOO gut aufgenommen wurde.
Die Umgebung des MOOs
wurde von den Studierenden als ungewohnt klassifiziert, dennoch waren die
Rückmeldungen durchwegs positiv. Einige Studierende äußerten
sogar gegen Ende des Semesters, dass sie anfangs sehr skeptisch gewesen, nun
aber ganz begeistert wären.
Positiv vermerkt wurde von Seiten der
Studierenden auch, dass die Arbeit am MOO ihnen nicht so sinnlos erscheine wie
das übliche Erstellen und Ausarbeiten von Aufgaben in
Didaktik-Lehrveranstaltungen, weil die Beispiele ihnen während ihrer
zukünftigen Unterrichtstätigkeit auch zur Verfügung stehen
werden. Einige fragten an, ob sie ihr Password behalten könnten, weil sie
gerne auch nach Ende der Lehrveranstaltung noch Beiträge zum MOO leisten
und sich das MOO ansehen wollten.
zurück
|