Mengen

Zusammenfassung:
Mengen sind Zusammenfassungen wohldefinierter Objekte. Diese Objekte heißen Elemente. Im Prinzip ist es leicht, mit Mengen zu operieren. Erst ein Blick in die Tiefe zeigt, daß Mengen mit unendlich vielen Elementen überraschende Eigenschaften haben, und daß der Mengenbegriff unerwartete Komplikationen in sich trägt.

Mehrere Abschnitte gehen ganz oder teilweise ein bißchen tiefer als zu Beginn nötig; die entsprechenden Stellen können von ''EinsteigerInnen'' ausgelassen werden. Darauf wird jeweils eigens hingewiesen.


Stichworte:
Mengen und ihre Beschreibung | Element | Mengenlehre | ''für die gilt'' | unendliche Menge | endliche Menge | Teilmenge (Untermenge) | echte Teilmenge | Obermenge | Durchschnittsmenge | Vereinigungsmenge | logische Operationen 'und' und 'oder' | Komplementärmenge | logisches 'nicht' | leere Menge | disjunkt | ''es existiert ein'' | ''für alle'' | Mächtigkeit | gleichmächtig | isomorph | abzählbar | überabzählbar | Potenzmenge | Topologie | kartesisches Produkt | geordnetes Paar | Tripel | Unerwartete Komplikationen (Probleme der Mengenlehre) | ''Menge aller Mengen'' | naive Mengenlehre | Antinomien | axiomatische Mengenlehre | Axiome | Zusammenstellung der wichtigsten Symbole
 
                                                                                                                                                                                                                                               
    
Mengen und ihre Beschreibung
        
    

Eine Menge ist eine Zusammenfassung wohldefinierter Objekte. Diese Objekte heißen Elemente der Menge. Jener Zweig der Mathematik, der die Konsequenzen dieser einfachen Idee studiert, heißt Mengenlehre.

Bei den Elementen von Mengen handelt es sich in der Praxis um mathematische Objekte, z.B. um Zahlen.

Betrachten wir als Beispiel die Menge, die die Zahlen 2, 3, 4, 5, 6 und 7 zusammenfaßt. Sie wird unter Verwendung geschwungener Klammern in der Form

{ 2, 3, 4, 5, 6, 7 }
(1)
geschrieben. Bei den Elementen einer Menge kommt es auf die Reihenfolge nicht an. Daher ist
{ 4, 7, 2, 5, 6, 3 }
(2)
genau dieselbe Menge wie (1). Geben wir ihr einen Namen, z.B. den Buchstaben A, so schreiben wir
A = { 2, 3, 4, 5, 6, 7 }.
(3)
Die Tatsache, daß die Zahl 3 Element dieser Menge ist, wird in der mathematischen Symbolsprache als
3 Î A
(4)
ausgedrückt. (Gesprochen wird dies als ''3 ist Element von A'', kurz ''3 Element A'', ''3 in A'' oder ''3 aus A''). Manchmal wird auch A ' 3 geschrieben. Die Zahl 9 ist nicht Element dieser Menge, was auch kurz als
9 Ï A
(5)
geschrieben wird.

Für das Bilden (d.h. Definieren) einer Menge hat sich eine weitere, sehr nützliche Schreibweise eingebürgert. Die Menge A kann, anstelle der Auflistung ihrer Elemente, auch wie folgt definiert werden:

    A = { n | n ist eine ganze Zahl,
                    die größer als 1 und kleiner als 8 ist }
(6)

     

ganze Zahlen

 
 
     Diese Form wird uns noch oft begegnen. Ihre Bestandteile sind wie folgt zu lesen:

A = "A ist
{ n die Menge aller n
| für die gilt:
n ist eine ganze Zahl, die größer als 1 und kleiner als 8 ist } n ist eine ganze Zahl, die größer als 1 und kleiner als 8 ist."
     
Im Applet
Definitionen
von Mengen

können Sie das
anhand einfacher
Beispiele üben.

 
    
Es handelt sich also um eine Kette von Symbolen und Aussagen, die direkt in eine alltagssprachliche Formulierung übersetzt werden kann und uns schlicht und einfach sagt, welche Objekte in der Menge A zusammengefaßt werden. Der wichtigste Schlüssel bei der Übersetzung in die sprachliche Form ist der senkrechte Strich  | , der einfach als ''für die gilt'' zu lesen ist. Nach diesem Symbol werden Eigenschaften angegeben, die die Elemente der Menge charakterisieren. Beachten Sie, daß es hier belanglos ist, welches Symbol nach der Mengenklammer verwendet wird. Wir können anstelle von n genausogut irgendein anderes Symbol benützen, z.B. x:
    { x | x ist eine ganze Zahl,
                    die größer als 1 und kleiner als 8 ist },
(7)
also ''die Menge aller x, für die gilt: x ist eine ganze Zahl, die größer als 1 und kleiner als 8 ist'', ist wiederum genau die Menge A !

Eine solche Möglichkeit, Mengen zu beschreiben, ist besonders dann hilfreich, wenn eine Auflistung der Elemente der Menge umständlich oder überhaupt unmöglich ist. Letzteres ist der Fall für die Menge

N = { n | n ist eine positive ganze Zahl },
(8)
also der Menge aller positiven ganzer Zahlen - denn sie hat unendlich viele Elemente. Behelfsmäßig ließe sich diese Menge auch als
N = { 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, ... }
(9)
anschreiben, wobei die Punkte für ''alle restlichen'' Elemente stehen. (Die positiven ganzen Zahlen werden auch natürliche Zahlen genannt und sind wichtige mathematische Objekte, die uns immer wieder begegnen werden. Achtung: Manchmal wird die Menge N inklusive der Null definiert).
     

natürliche Zahlen
 
 
    
Im Fall der Menge
    X = { n | n ist eine positive ganze Zahl,
                    deren Ziffernsumme 3 oder 7 ist }
(10)
wäre eine derartige Auflistung so umständlich, daß der Vorteil einer Charakterisierung durch die Eigenschaften der Elemente auf der Hand liegt.

Die Mengen N und X enthalten unendlich viele Elemente. (Solche Mengen werden oft auch kurz unendliche Mengen genannt). Eine endliche Menge ist hingegen eine Menge, die nur endlich viele Elemente enthält.

Um noch ein bißchen Schreibarbeit zu sparen, können Mengen auch so angegeben werden:

B = { x Î A | x ist eine gerade Zahl }.
(11)
Dies wird gelesen als ''B ist die Menge aller x Î A, für die gilt: x ist eine gerade Zahl''. B besteht aus allen Elementen der Menge A, die gerade Zahlen sind. Gehen wir die Elemente der oben definierten Menge A durch, so finden wir, daß von ihnen nur 2, 4 und 6 gerade Zahlen sind. Daher besteht die Menge B genau aus diesen drei Elementen:
B = { 2, 4, 6 }.
(12)

Als zwei weitere Beispiele schreiben wir die Menge aller ungeraden natürlichen Zahlen als

U = { x Î N | x ist eine ungerade Zahl }
(13)
an und definieren die Menge
C = { 5, 6, 7, 8, 9 }.
(14)

In den folgenden Abschnitten werden wir die sechs Mengen A, B, C, N, U und X benützen, um Beziehungen zwischen und Verknüpfungen von Mengen zu illustrieren.


     
 
 
    
Teilmenge
     
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Wir haben nun einige Beispiele für Mengen hingeschrieben und können beobachten, daß zwischen Mengen manchmal ganz bestimmte Beziehungen bestehen. So sind z.B. alle Elemente von A auch Elemente von N. Die Menge N ist umfassender (schlampig gesagt, ''größer'') als die Menge A. Die mathematische Ausdrucksweise dafür ist: A ist Teilmenge (oder Untermenge) von N, und N ist Obermenge von A. Dies wird als
A Í N              bzw.              N Ê A
(15)
geschrieben. Man sagt auch manchmal, A ist in N enthalten - obwohl das ein bißchen schlampig ist, da Verwechslungsgefahr mit Î , also ''ist Element von'', besteht.

Die Beziehung A Í N besteht, weil jedes Element von A auch Element von N ist. In der mathematischen Formelsprache kann dies als

"aus  x Î A  folgt  x Î N "
(16)
oder, noch kürzer, als
x Î A   Þ  x Î N
(17)
geschrieben werden. Daraus folgt übrigens als Spezialfall, daß jede Menge ihre eigene Teilmenge ist: So gilt etwa A Í A, denn ''aus x Î A folgt (klarerweise) x Î A''.

Ein weiteres Beispiel ist B Í A, denn die oben definierte Menge B besteht ja per Definition aus Elementen von A, die eine zusätzliche Eigenschaft erfüllen (nämlich gerade Zahlen zu sein). Die beiden Beziehungen B Í A und A Í N können in der Form B Í A Í N zusammengefaßt werden.

Wenn eine Menge Teilmenge einer anderen ist und die beiden Mengen voneinander verschieden sind, spricht man von einer echten Teilmenge. So ist zum Beispiel A eine echte Teilmenge von N, da A ¹ N ist. (Denn es gibt - zumindest - ein Element von N, das nicht Element von A ist).

Statt Í und Ê werden manchmal die Symbole Ì und É verwendet.
Aber Achtung: Manchmal werden die Symbole Ì und É nur für echte Teil- bzw. Obermengen verwendet - diesbezüglich besteht keine einheitliche Bezeichnungsweise.


     
 
 
    
Durchschnitt und Vereinigung
     
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Zwei (oder mehrere) Mengen können gemeinsame Elemente besitzen. Die Menge all dieser gemeinsamen Elemente heißt Durchschnittsmenge (kurz Durchschnitt) und wird mit dem Symbol Ç bezeichnet. Bilden wir als Beispiel den Durchschnitt der beiden Mengen A (siehe oben) und U (siehe oben). Die formale Definition lautet
A Ç U = { x | x Î A und x Î U }.
(18)
Welche Zahlen sind sowohl Element der Menge A (also ganze Zahlen größer als 1 und kleiner als 8) als auch ungerade? Es sind dies genau die Zahlen 3, 5 und 7. Daher ist
A Ç U = { 3, 5, 7 }.
(19)

Ein Beispiel für den Durchschnitt dreier Mengen ist

A Ç U Ç X = { x | x Î A und x Î U und x Î X }.
(20)
Jedes Element dieser Menge muß also drei Eigenschaften gleichzeitig besitzen: Es ist Element von A (also größer als 1 und kleiner als 8), es ist ungerade, und seine Ziffernsumme ist 3 oder 7. Das ist nur für die Zahlen 3 und 7 der Fall, woraus
A Ç U Ç X = { 3, 7 }
(21)
folgt.

Manchmal sollen alle Elemente zweier (oder mehrerer) Mengen in einer neuen, umfassenderen Menge zusammengefaßt werden. Diese Menge wird Vereinigungsmenge (kurz Vereinigung) genannt und mit dem Symbol È bezeichnet. Bilden wir als Beispiel die Vereinigung der beiden Mengen A (siehe oben) und C (siehe oben). Die formale Definition lautet

A È C = { x | x Î A oder x Î C }.
(22)
Welche Zahlen sind in A oder in C (oder in beiden Mengen) enthalten? Ein kurzer Blick auf die Definitionen dieser beiden Mengen zeigt, daß
A È C = { 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 }.
(23)

Ein Beispiel für die Vereinigung dreier Mengen ist

A È C È U = { x | x Î A oder x Î C oder x Î U }.
(24)
In dieser Menge liegen alle Zahlen, die zumindest in einer der drei Mengen A, C oder U liegen. Sie hat unendlich viele Elemente und besteht als allen ungeraden Zahlen, zuzüglich der geraden Zahlen 2, 4, 6, und 8.

Nebenstehender Button ruft eine symbolische Graphik auf, um die Begriffe Durchschnittsmenge und Vereinigungsmenge zu veranschaulichen.

     
 
    


Der Rest dieses Abschnitts kann von ''EinsteigerInnen'' ausgelassen werden.

Das Bilden eines Durchschnitts führt auf ''kleinere'', das Bilden einer Vereinigung führt auf ''größere'' als die ursprünglichen Mengen. Dies hat Beziehungen wie wie A Ç U Í A und A Í A È C zur Folge. Mit Hilfe des nebenstehenden Buttons können Sie mehr Informationen darüber (und über die Beobachtung, daß die Mengenoperationen Ç und È in enger Beziehungen zu den ''logischen Operationen'' und und oder stehen, die auch manchmal mit den Symbolen Ù und Ú bezeichnet werden) aufrufen.

     

zu Ç, È, Í
und den logischen
Operationen Ù und Ú
 
     Der Begriff der Teilmenge kann übrigens ganz auf das Bilden des Durchschnitts bzw. der Vereinigung zurückgeführt werden. Mit Hilfe des nebenstehenden Buttons können Sie mehr Informationen darüber aufrufen.

     

zur Rückführung
von Í auf Ç und È
 
    
     
 
 
    
Komplementärmenge
     
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Manchmal sollen aus einer Menge Elemente, die darin enthalten sind, wieder herausgenommen werden. Betrachten wir die Mengen A (siehe oben) und B (siehe oben). Erinnern Sie sich, daß für diese beiden Mengen die Beziehung B Í A gilt. Alle Elemente von B sind auch Elemente von A. Nehmen wir diese Elemente aus A heraus, so erhalten wir die Menge
    AB = { x Î A | x ist nicht Element von B }
             = { x Î A | x Ï B }.
(25)
Sie wird als Komplementärmenge (kurz Komplement) von B in Bezug auf die Menge A genannt. Bisweilen findet sich dafür auch die Schreibweise A ~ B oder, etwas schlampig, aber umso einprägsamer,  AB. Sehen wir uns die Definitionen der Mengen A und B an, so finden wir
AB = { 3, 5, 7 }.
(26)

Als weiteres Beispiel wollen wir anführen, daß N \U die Menge der geraden natürlichen Zahlen ist (denn die ungeraden - die Elemente von U - wurden ja aus N entfernt).

Nebenstehender Button ruft eine symbolische Graphik auf, um den Begriff der Komplementärmenge zu veranschaulichen.

     
 
    


Folgende Bemerkung kann von ''EinsteigerInnen'' ausgelassen werden.

In ähnlicher Weise, wie Ç und È in enger Beziehungen zu den logischen Operationen und und oder stehen (siehe oben), ist das Bilden des Komplements mit der logischen Verneinung (Negation), dem nicht, das manchmal mit dem Symbol Ø bezeichnet wird, verbunden.


     
 
 
    
Die leere Menge
     
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Der Vollständigkeit halber wollen wir nun eine Menge einführen, die kein einziges Element enthält, die leere Menge. Sie wird als
{ }
(27)
angeschrieben (und manchmal auch mit dem Buchstaben f bezeichnet, symbolisch für eine durchgestrichene 0).

Sie tritt auf, wenn der Durchschnitt zweier Mengen, die kein gemeinsames Element haben, gebildet wird. So enthält etwa die Menge B (siehe oben) nur gerade Zahlen, die Menge U (siehe oben) nur ungerade Zahlen. Keine Zahl kann Element beider Mengen sein (da keine Zahl gleichzeitig gerade und ungerade ist). Daher ist

B Ç U = { }.
(28)

Zwei Mengen, die kein gemeinsames Element besitzen (d.h. deren Durchschnitt die leere Menge ist) heißen zueinander disjunkt.

Achtung - nicht verwechseln: Die leere Menge { } enthält kein Element (also ''nichts''). Sie ist von der Zahl 0, und auch von der Menge, die die Zahl Null enthält (also {0}) zu unterscheiden. (Die Menge {0} enthält ja ein Element, die leere Menge { } enthält gar keines).



Folgende Bemerkung kann von ''EinsteigerInnen'' ausgelassen werden.

Mit Hilfe des nebenstehenden Buttons können Sie die formalen ''Rechenregeln'' für den Umgang mit der leeren Menge aufrufen.


     

für die leere Menge

 
    
''Es existiert ein'' und ''für alle''
     
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Wir wollen hier kurz zwei Symbole besprechen, die oft im Zusammenhang mit Mengen auftreten.

Manchmal soll von einer Menge gesagt werden, daß sie (zumindest) ein Element mit einer gewissen Eigenschaft enthält. So enthält z.B. die oben definierte Menge A (zumindest) eine gerade Zahl. Formal kann das so ausgedrückt werden:

Es existiert ein x Î A, welches eine gerade Zahl ist.
(29)
Für die Phrase ''es existiert ein'' ist das Symbol $ gebräuchlich. Somit läßt sich also auch schreiben:
$ x Î A, welches eine gerade Zahl ist.
(30)
Das Symbol $! wird manchmal für die Phrase ''es existiert genau ein'' verwendet.


Manchmal soll von einer Menge gesagt werden, daß alle ihre Elemente eine gewisse Eigenschaft erfüllen. So enthält z.B. die oben definierte Menge B nur gerade Zahlen. Formal kann das so ausgedrückt werden:

Für alle x Î B gilt: x ist eine gerade Zahl.
(31)
Für die Phrase ''für alle'' ist das Symbol " gebräuchlich. Somit läßt sich also auch schreiben:
"x Î B gilt: x ist eine gerade Zahl.
(32)
Manchmal ist es klarer, " als ''für jedes'' zu lesen.



Der Rest dieses Abschnitts kann von ''EinsteigerInnen'' ausgelassen werden.

Diese beiden Symbole finden vielfältige Anwendung. So gilt z.B. für die oben definierte Menge B (zur Erinnerung: B = {2,4,6}):

"x Î B  $ y Î B,  sodaß x + y kleiner als 10 ist.
(33)
Mit Hilfe des nebenstehenden Buttons können Sie eine Besprechung dieser Aussage aufrufen.

     

dieser Aussage
 
    

Ein anderes Beispiel für die Verwendung des Symbols $ stellt die Definition der Menge

D = { x Î C | $ y Î N sodaß y2 = x }
(34)
dar (C wie oben und N wie oben). Mit Hilfe des nebenstehenden Buttons können Sie eine Besprechung dieser Definition und die Berechnung der Menge D aufrufen.

     

dieser Aussage
 
    

Diese Art von Symbolik mag anhand der hier behandelten Beispiele übertrieben erscheinen. Im ''Ernstfall'' ist sie jedoch eine große Hilfe, komplexe Sachverhalte korrekt zu behandeln und tieferliegende Strukturen aufzudecken. Ohne sie wäre die moderne Mathematik undenkbar.


     
 
 
    
Mächtigkeit
     
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Dieser Abschnitt kann von ''EinsteigerInnen'' ausgelassen werden.

Falls eine Menge endlich ist, d.h. nur endlich viele Elemente enthält, wird unter ihrer Mächtigkeit (oder Ordnung) die Anzahl ihrer Elemente verstanden. So hat z.B. die oben definierte Menge B die Ordnung 3. Zwei endliche Mengen, die gleichviele Elemente besitzen, heißen gleichmächtig. Man kann sie in gewisser Weise miteinander ''identifizieren'', indem man jedes Element der einen Menge zu einem ''Partner'' oder ''Stellvertreter'' genau eines Elements der anderen Menge erklärt. Einfach ausgedrückt, kann man dann von Standpunkt der Mengenlehre aus (d.h. mit Hilfe der Symbole Î , Ç, È, Í , Ê und \ ) mit der einen Menge genau dieselben Dinge machen wie mit der anderen. Jeweils ein Element der einen Menge ''steht für'' ein Element der anderen Menge, und umgekehrt. (Man kann das auch so sagen: Für jemanden, der nur den Begriff der Menge und die Symbole Î , Ç, È, Í , Ê und \  kennt und alles andere ignoriert, sind die beiden Mengen nicht unterscheidbar).

Dieser Begriff kann für unendliche Mengen, d.h. für Mengen, die unendlich viele Elemente enthalten, verallgemeinert werden. Zwei beliebige Mengen heißen gleichmächtig, wenn jedes Element der einen Menge zu einem ''Partner'' oder ''Stellvertreter'' genau eines Elements der anderen Menge erklärt werden kann, so daß kein Element der zweiten Menge ''übrigbleibt''.

Es gibt unendliche Mengen, die nicht gleichmächtig sind. In diesem Sinn können also auch unendliche Mengen ''verschieden viele Elemente'' enthalten, also ''verschieden groß'' sein. Das wichtigste Beispiel hierfür bilden die Mengen der natürlichen und der reellen Zahlen: Sie besitzen beide unendlich viele Elemente, sind aber nicht gleichmächtig. Dies wird in einem späteren Kapitel besprochen.

     

Die Mengen der
natürlichen und
der rellen Zahlen sind
nicht gleichmächtig.
 
 
    

Das mathematische Symbol für Gleichmächtigkeit ist @ (obwohl es daneben noch mehrere andere Bedeutungen hat). So gilt etwa - um ein Beispiel zu nennen - für die Mengen N (siehe oben) und U (siehe oben), daß sie gleichmächtig sind: N @ U. Die Identifizierung kann so gewählt werden:

   1 Î N ist ''Partner'' von 1 Î U   
   2 Î N ist ''Partner'' von 3 Î U   
   3 Î N ist ''Partner'' von 5 Î U   
   usw.   

(Allgemein heißt das: die n-te natürliche Zahl - also n Î N selber - ist ''Partner'' der n-ten ungeraden Zahl - also der Zahl 2n-1 Î U ). In diesem Sinn gibt es "genausoviele" ungerade Zahlen wie natürliche!

Das mag überraschen, ist im Leben unendlicher Mengen aber nichts Besonderes: Obwohl die Menge U der ungeraden natürlichen Zahlen dadurch entsteht, daß aus der Menge N die geraden Zahlen herausgenommen werden, sind U und N nach wie vor ''gleich groß''. Das ''Unendliche'' schlägt dem Alltagsverstand so manches Schnippchen.

Daher hat es in der Geschichte der Mathematik lange gedauert, bis Sachverhalte, in denen das ''Unendliche'' eine Rolle spielt, in eine genaue Sprache gekleidet wurden. Wir können z.B. nicht wirklich sagen, daß die Mengen N und U ''gleich viele Elemente'' besitzen - denn die ''Anzahl'' ihrer Elemente ist unendlich, und unendlich ist keine Zahl. Daher die Anführungszeichen. Aber wir können präzise formulieren, daß die beiden Mengen gleichmächtig sind. Der mathematische Begriff der Gleichmächtigkeit ist an die Stelle der Alltagsvorstellung ''gleich viele'' getreten. Das ist ein schönes Beispiel für mathematische Begriffsbildung.


Gleichmächtige Mengen werden manchmal auch als zueinander isomorph bezeichnet, obwohl dieser Begriff noch andere Bedeutungen hat. Er heißt soviel wie "ununterscheidbar, wenn durch eine bestimmte Brille betrachtet". Im Fall der Gleichmächtigkeit von Mengen ist die "Brille" jene der Mengenlehre: eine "Brille", die nur Î , Ç, È, Í , Ê und \  kennt und alles andere ignoriert.

     

Bedeutungen
des Begriffs
isomorph

(in Vorbereitung)
 
    

Zum Abschluß dieses Abschnitts noch ein Begriff, der die "Größe" unendlicher Mengen betrifft:

Mengen, deren Elemente mit Hilfe der natürlichen Zahlen ''durchnumeriert'' werden können, sind gleichmächtig zu N. Sie werden abzählbar genannt. Nicht jede unendliche Menge ist abzählbar. Es gibt also unendliche Mengen, die ''derart viele'' Elemente besitzen, daß sie sich nicht ''durchnumerieren'' lassen. Ein Beispiel dafür ist die Menge der reellen Zahlen: sie ist überabzählbar. Dieser Sachverhalt wird in einem späteren Kapitel besprochen.


     

Abzählbarkeit und
Überabzählbarkeit


 
 
    
Potenzmenge
     
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Dieser Abschnitt kann von ''EinsteigerInnen'' ausgelassen werden.

Die Potenzmenge einer Menge ist einfach die Menge aller Teilmengen dieser Menge. So ist die Potenzmenge der oben definierten Menge B = {2,4,6} durch

{ { }, {2}, {4}, {6}, {2,4}, {4,6}, {2,6}, {2,4,6} }
(35)
gegeben. Hat eine Menge n Elemente, so hat ihre Potenzmenge 2n Elemente. Die Potenzmenge einer unendlichen Menge besitzt natürlich ebenfalls unendlich viele Elemente.

     
 
 
     Viele Gebiete der modernen Mathematik benützen Strukturen innerhalb der Potenzmenge gegebener Mengen, z.B. die Topologie, für die die Menge aller ''offenen Teilmengen'' und die Menge aller ''offenen Intervalle'' der Menge der reellen Zahlen, sowie die ''offenen Mengen'' in der Ebene und im Raum oder in anderen Mengen wichtig sind. Diese Begriffe werden in späteren Kapiteln besprochen.

Wie im vorigen Abschnitt erwähnt, können unendliche Mengen ''verschieden groß'' sein (nämlich, wenn sie nicht gleichmächtig sind). Nun kann man zeigen, daß eine Menge und ihre Potenzmenge nie gleichmächtig sind. (Für einen Beweis siehe den nebenstehenden Button. Was ''gleichmächtig'' bedeutet, wurde oben gesagt). Der Begriff der Potenzmenge erlaubt es daher, immer ''größer'' werdende Stufen von ''Unendlichkeiten'' anzugeben: Man betrachte zunächst die Menge N der natürlichen Zahlen, dann deren Potenzmenge (die ebenfalls unendlich viele Elemente enthält, aber ''noch größer'' als N ist - sie ist überabzählbar), dann die Potenzmenge der Potenzmenge von N usw. Jede dieser Mengen ist nicht gleichmächtig zur vorigen.


     

Topologie
(in Vorbereitung)


offene Intervalle

,
daß eine Menge
nie zu ihrer
Potenzmenge
gleichmächtig ist.
 
    
Kartesisches Produkt
     
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Dieser Abschnitt kann von ''EinsteigerInnen'' ausgelassen werden.

Außer Ç und È gibt es noch weitere Möglichkeiten, aus zwei beliebigen Mengen eine dritte zu konstruieren. Eine solche wollen wir hier kurz besprechen. Betrachten wir die Mengen A (siehe oben) und B (siehe oben). Ein geordnetes Paar von Elementen dieser beiden Mengen besteht in der Angabe eines Elements a Î A und eines Elements b Î B. Dies wird als

(a, b)
(36)
     

Zahlenpaare

 
 
     angeschrieben. Die Menge all dieser Paare heißt das kartesische Produkt der beiden Mengen und wird mit dem Symbol × bezeichnet:
A × B = { (a, b) | a Î A, b Î B }.
(37)
In unserem konkreten Fall (zur Erinnerung: A = {2,3,4,5,6,7}, B = {2,4,6}) ist
    A × B = { (2, 2), (2, 4), (2, 6),
                    (3, 2), (3, 4), (4, 6), ... (7, 6) }
(38)
eine Menge mit 18 Elementen.

Diese Konstruktion ist wichtig, um geometrische Sachverhalte zu beschreiben: Die Ebene kann als das kartesische Produkt zweier Geraden (''Zahlengeraden'') aufgefaßt werden.

In analoger Weise wird die Menge aller Tripel (a, b, c) von Elementen a Î A, b Î B und c Î C als A × B × C bezeichnet. Höhere Verallgemeinerungen wie A × B × C × N × X sind ebenfalls möglich.


     

Ebene als Produkt
zweier Geraden





 
 
    
Unerwartete Komplikationen
     
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Dieser Abschnitt kann von ''EinsteigerInnen'' ausgelassen werden.

Der Begriff der Menge als ''Zusammenfassung wohldefinierter Objekte'' ist einleuchtend und scheint zunächst eine ganz unproblematische Sache zu sein. Es mag daher überraschend sein, daß hier fundamentale Probleme auftreten, wenn die Möglichkeiten des Mengenbegriffs ausgelotet werden.

Wenn eine Menge eine ''Zusammenfassung wohldefinierter Objekte'' ist, so ist sie selbst ein wohldefiniertes Objekt. Können wir also all diese Objekte zusammenfassen und die Menge aller Mengen bilden? Die Antwort lautet verblüffenderweise nein! Die Menge aller Mengen ist ein in sich widersprüchliches und daher sinnloses Konzept. Mit Hilfe des nebenstehenden Buttons können Sie eine Begründung, warum das so ist, und eine bekanntes Paradoxon über einen Dorfbarbier aufrufen.

     
,
warum die
''Menge aller Mengen''
ein widersprüchliches
Konzept ist
 
     Die Herangehensweise an Mengen, die wir in diesem Kapitel vorgeführt haben, wird heute ''naive Mengenlehre'' genannt und geht auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts (vor allem auf Georg Cantor) zurück.

Wie wir gerade gesehen haben, führt die uneingeschränkte Erzeugung von Mengen nach diesem Standpunkt auf Widersprüche (sogenannte Antinomien). Entdeckungen dieser Art haben seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts (beginnend mit Ernst Zermelo) zu einem Überdenken der Grundlagen der Mathematik geführt. In der ''axiomatischen Mengenlehre'' wird versucht, Regeln für den Umgang mit Mengen auf formale Weise aus möglichst wenigen Grundannahmen (Axiomen) herzuleiten, sodaß Objekte wie die ''Menge aller Mengen'' gar nicht erst auftreten. Das zugrundegelegte System von Axiomen ist allerdings nicht eindeutig, sodaß man eigentlich von vielen möglichen ''Mathematiken'' sprechen müßte. Die weiteren Konsequenzen dieser Situation (vor allem die Entdeckung Kurt Gödels, daß jede dieser ''Mathematiken'' in einem fundamentalen Sinn unvollständig ist) haben die alte Vorstellung von der Universalität der Mathematik nachhaltig verunsichert.

     

ein bißchen
mehr darüber

(in Vorbereitung)
 
    
Ein praktischer Standpunkt - den wir auch hier vertreten - ist der, trotz allem die Anschauungen der naiven Mengenlehre zuzulassen, problematische Konstruktionen wie die ''Menge aller Mengen'' (oder auch Mengen, die sich selbst als Element enthalten) aber zu vermeiden.


     
 
 
    
Zusammenstellung der wichtigsten Symbole
     
Zum Seitenanfang
 
    

   Î    ist Element von    siehe oben   
| für die gilt siehe oben
Ç Durchschnittsmenge siehe oben
È Vereinigungsmenge siehe oben
Í ist Teilmenge von siehe oben
Ê    ist Obermenge von    siehe oben
\ Komplementärmenge siehe oben
$ es existiert ein siehe oben
" für alle (für jedes) siehe oben



     
 
 


 
 
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