Zur Hauptseite von mathe online
Zu den Materialien von von mathe online
Zu den Materialien von Thomas in mathe online
Hyperbelfunktionen im Lexikon von mathe online



Etwa 1740 fand Leonhard Euler folgende Identität heraus:
             2*Cos[T] = eiT + e-iT
V. Riccati (1752) und J.H. Lambert (1758) führten dann eine neue Klasse von Funktionen in die Mathematik ein!


Hyperbelfunktionen

Voraussetzungen: Funktionsbegriff, Kegelschnitte v.a. Hyperbel, Gleichung der Hyperbel, Exponentialfunktion, Umkehrfunktionen, Lösen von quadratischen Gleichungen, natürlicher Logarithmus.

Für einzelne Abschnitte sind darüber hinaus noch Kenntnisse über die Ableitung der Umkehrfunktion sowie über Integrationsmethoden und über komplexe Zahlen notwendig bzw. empfohlen.

Einem Leser, der sich mit den Hyperbelfunktionen grundsätzlich einmal nur vertraut machen möchte, sei empfohlen, die Kapitel "H 1" bis "H 4" sowie "H 9" zu lesen, von "H 7" und "H 8" können die Resultate (Bedeutung des Parameters, Eulersche Formel) einfach übernommen werde. Die Kapitel "H 5" bis "H 8" setzen bereits Kenntnisse über die Differential- und Integralrechnung voraus. Die Inhalte von "H 10" und "H 11" sind schon etwas anspruchsvoller, stellen jedoch eine Ergänzung bzw. Abrundung zu den übrigen Texten dar.




Inhalt dieser Seite

H 1. Grundlegende Definitionen und Motivationen
H 2. Namenspatronanz: Wieso Hyperbelfunktionen?
H 3. Quell- und Zielmengen des hyperbolischen Cosinus und des hyperbolischen Sinus
H 4. Die Umkehrfunktionen der Hyperbelfunktionen: Areafunktionen
H 5. Differentiation der hyperbolischen Funktionen und ihrer Umkehrfunktionen
H 6. Integration der hyperbolischen Funktionen und ihrer Umkehrfunktionen
H 7. Der Parameter "A" - geometrische Deutung als doppelter Hyperbelsektor
H 8. Die Eulersche Formel
H 9. Zusammenhänge zwischen den hyperbolischen Funktionen und den Winkelfunktionen
H 10. Philosophien über den Einheitskreis und seiner imaginären Schwester, der Einheitshyperbel
H 11.Die Seilkurve (Kettenlinie)





H 1. Grundlegende Definitionen und Motivation


Die zwei Hyperbelfunktionen, der hyperbolische Cosinus (Cosinus hyperbolicus, Cosh[A] und der hyperbolische Sinus (Sinus hyperbolicus, Sinh[A]) werden in Abhängigkeit vom Parameter A durch Exponentialfunktionen, wie folgt, definiert:

             Cosinus hyperbolicus: cosh[A] = (1/2)*(eA + e-A)

             Sinus hyperbolicus: sinh[A] = (1/2)*(eA - e-A)


" Vielleicht meinen Sie nun, der Cosinus hyperbolicus sei ja als mathematische Konstruktion recht interessant, aber praktische Bedeutung habe er wohl kaum. Dann sind Sie gewaltig im Irrtum! Gehen Sie einmal am frühen Morgen in den Wald, wenn die Sonne noch niedrig steht und der Tau noch nicht verschwunden ist. Dann sehen Sie gewiß viele Spinnweben, die sich von einem Ast zum anderen schwingen und an denen viele winzige Tautröpfchen glitzern. Sie beschreiben einen Bogen, der ein Teil der hyperbolischen Cosinuslinie ist.

Oder beobachten Sie eine Telegraphenleitung: Sie hängt durch und beschreibt wiederum einen solchen Bogen. Der Graph der Funktion cosh[A] heißt deshalb oft auch Kettenlinie. Diese Kettenlinie entsteht immer dann, wenn ein in allen Teilen beweglicher "schwerer" Faden (eine ideale Kette) an zwei Punkten aufgehängt wird und im Schwerefeld durchhängen kann
" ( Richard Knerr, Mathematik - eine faszinierende Wissenschaft)

Vom Morgentau und Spinnweben abgesehen finden Hyperbelfunktionen in der Technik, unter anderem im Brückenbau, ein breites Anwendungsgebiet. Die Trägerkonstruktion der im August 1976 in Wien eingestürzten Reichsbrücke beruhte ebenfalls auf der "Kettenlinie", dem hyperbolischen Cosinus! Weitere Träger von einigen Donaubrücken, etwa die Elisabethbrücke in Budapest bzw. der Golden Gate Bridge in San Francisco sind ebenfalls so gebaut.

Aufgabe: Zeige, dass eA = Cosh[A] + Sinh[A] gilt!
Lösung: (der Text zur Lösung hebt sich vom Hintergrund nicht ab und kann mit "Markieren" ersichtlich gemacht werden!)
Einsetzen der Definition für die beiden Hyperbelfunktionen....zwei Terme fallen weg.







H 2. Namenspatronanz: Wieso Hyperbelfunktionen?


Die Winkelfunktionen (welche in älterer Literatur gelegentlich auch als Kreisfunktionen bezeichnet werden) cos[T] und sin[T] können bekanntlich als x- und y-Koordinaten des Einheitskreises, x²+y²=1, aufgefasst werden (oder die beiden Funktionen werden so definiert). Mit den beiden Hyperbelfunktionen, cosh[A] und sinh[A], ist eine ähnliche Betrachtung auf der Einheitshyperbel möglich. Die Einheitshyperbel ist eine gleichseitige Hyperbel und gehorcht der Darstellung x²-y²=1 .

Setzt man nun

             x=cosh[A] und
             y=sinh[A],


so erhalten wir damit eine andere Beschreibung der Einheitshyperbel in Abhängigkeit vom Parameter A. Dass sich das tatsächlich genau so verhält, kann leicht nachgerechnet werden! Dazu muss nur gezeigt werden, dass die Definitionen für die Hyperbelfunktionen tatsächlich die Gleichung für die Einheitshyperbel erfüllen:

             x²-y² = cosh²[A] - sinh²[A] = [(1/2)*(eA + e-A)]² - [(1/2)*(eA - e-A)]² = 1

Die Details dieser einfachen Rechnung überlassen wir dem Leser bzw. dem Benützer!

Aus der Rechnung geht auch folgende Gleichung hervor (man denke an die Winkelfunktionen):

             cosh²[A] - sinh²[A] = 1

Tangens hyperbolicus: Als Pendant zu den Winkelfunktionen wird auch ein hyperbolischer Tangens (tanh) definiert. Genau wie bei den Winkelfunktionen lautet dieser:

             tanh[A] = sinh[A] / cosh[A]

Funktionsgraphen der Hyperbelfunktionen (Quellennachweis siehe am Ende dieser Seite, die Skizzen enthalten z.T. andere Bezeichnungen)



Aufgabe: Wie kann der hyperbolische Tangens geoemtrisch anschaulich gedeutet werden?
Lösung: (der Text zur Lösung hebt sich vom Hintergrund nicht ab und kann mit "Markieren" ersichtlich gemacht werden!)
Genauso wie der trigonometrische Tangens; eine vertikale Komponente wird auf eine horizontale Komponente bezogen (das ist die Definition des Anstiegs schlechthin), der tanh[A] ist sodann der Anstieg jener Geraden, welche durch den Ursprung und den Punkt (Cosh[A]/Sinh[A]) der Einheitshyperbel geht.







H 3. Quell- und Zielmengen des hyperbolischen Cosinus und des hyperbolischen Sinus
-
Stetigkeit


Wie wir später noch sehen werden, kann der Parameter A geometrisch als die Fläche des doppelten Hyperbelsektors gedeutet werden. Für die bisher besprochenen Definitionen und Gleichungen ist diese Einschränkung nicht notwendig: A kann ein beliebiges reelles Argument sein (Anmerkung: Die Hyperbelfunktionen können sogar im Komplexen fortgesetzt werden).

Mit allen reellen Zahlen als Definitionsmenge bildet der hyperbolische Cosinus im Intervall [1,unendlich) ab. Der hyperbolische Cosinus ist eine gerade Funktion. Betrachtet man seine Definition, so ist leicht zu sehen, dass f(A)=f(-A) gilt. Der Funktionsgraph liegt symmetrisch zur zweiten Achse. Eingeschränkt auf die Definitionsmenge (0, unendlich) ist der hyperbolische Cosinus bijektiv.

Der hyperbolische Sinus erreicht alle reellen Zahlen. Sowohl die Quell- als auch die Zielmenge umfasst alle rellen Zahlen. Der hyperbolische Sinus ist bijektiv. Weiters ist aus der Definition für den hyperbolischen Sinus leicht zu sehen, dass es sich um eine ungerade Funktion handelt. Es gilt f(A) = -f(-A). Der Funktionsgraph ist bezüglich des Ursprungs zentrisch symmetrisch und ergibt nach Drehung um 180 Grad das ursprüngliche Bild.

Beide Funktionen, der hyperbolische Cosinus und der hyperbolische Sinus, sind in jedem Punkt des Definitionsbereiches stetig.






H 4. Die Umkehrfunktionen der Hyperbelfunktionen:
Areafunktionen


Nachdem sowohl die hyperbolische Sinusfunktion, und bei geeigneter Einschränkung auch die hyperbolische Cosinusfunktion, beide bijektiv, stetig und monoton sind, existiert auch jeweils eine Umkehrfunktion. Wie sieht eine solche Umkehrfunktion aus?

Die Umkehrfunktion des hyperbolischen Cosinus, Area cosinus hyperbolicus: Dazu benützen wir die bereits besprochene Identität, lösen nach A auf und versuchen A als Funktion von x darzustellen!

             x = (1/2)*(eA + e-A)

             0 = (eA - 2x + e-A)


Wir multiplizieren mit eA und betrachten von nun an eA als unsere Recheneinheit. Damit gewinnen wir eine quadratische Gleichung in unserer Recheneinheit eA, welche nach einer bekannten Formel leicht zu lösen ist:

             0 = e2A - 2xeA + 1

             eA1.2 = x +/- Sqrt(x²-1)


Damit eA reell ist, muss x (jetzt unser Argument) immer größer oder gleich 1 sein. Andernfalls wird der Ausdruck unter der Quadratwurzel negativ. Das stimmt mit unseren bisherigen Ausführungen überein, da die hyperbolische Cosinusfunktion ihre Argumente tatsächlich auf dem Intervall [1,unendlich) abbildet. Daher wird auch die Umkehrfunktion, welche wir jetzt suchen, beim Argument x genau diese Einschränkung erfahren!

Letztlich wollen wir keinen Ausdruck für eA , sondern einen für A. Dazu logarithmieren wir auf beiden Seiten. Da x größer oder gleich 1 ist, ist die rechte Seite immer größer als Null und kann daher logarithmiert werden. eA ist für reelle A sowieso immer größer als Null. Aufgrund der Rechenregeln für Logarithmen gilt ln(eA) = A , mithin erhalten wir

             A = ln [ x +/- Sqrt(x²-1) ]

In der Gleichung haben wir noch immer "+/-" stehen. Welche der beiden Lösungen ist denn nun die rechte?? Wir definieren nun A in Abhängigkeit von x als die Umkehrfunktion des hyperbolischen Cosinus, den Area cosinus hyperbolicus, abgekürzt Arcosh[x] (wir nehmen das "+"). In einem späteren Kapitel wird dann auf die mögliche geometrische Deutung von A als Fläche eingegangen. Aufgrund dieser Assoziation mit einer Fläche werden die Umkehrfunktionen der Hyperbelfunktionen als Areafunktionen bezeichnet (das Analogon bei den Winkelfunktionen erhalten wir in Gestalt der Arcusfunktionen).

             A = arcosh[x] = ln [ x + Sqrt(x²-1) ]

Bemerkung: Wir haben in den obigen Ausführungen, nahezu kommentarlos, die andere Lösung für A, nämlich A = ln [ x - Sqrt(x²-1) ] weggelassen. Für diese, andere, Lösung wäre der zu logarithmierende Ausdruck für ein beliebiges x aus der Definitionsmenge zwischen Null und Eins. Der Logarithmus einer solchen Zahl ist dann sicher negativ. Eine kleine Rechnung (siehe hiezu eine der Aufgaben) zeigt, dass sich die beiden Lösungen für A nur um das Vorzeichen unterscheiden.

Umkehrfunktion des hyperbolischen Sinus, Area sinus hyperbolicus: Der hyperbolische Sinus wird als y-Koordinate der Einheitshyperbel identifiziert. Mit dem Gleichsetzen von y mit der Definition des hyperbolischen Sinus erhalten wir eine Gleichung, in der y von A abhängig ist. Wir interessieren uns für die Umkehrfunktionen, also für A in Abhängigkeit von y. Der Algorithmus ist der selbe wie vorher, beim Arcosh[x]:

             y = (1/2)*(eA - e-A)

             0 = eA -2y - e-A)

             0 = e2A -2yeA - 1

             eA1.2 = y +/- Sqrt(y²+1)


Da A reell sein soll, muß die rechte Seite größer als Null sein. Daher kommt nur eine der beiden Lösungen, y + Sqrt(y²+1), in Frage. Nach dem Logarithmieren erhalten wir den Ausdruck für A, welchen wir als Area Sinus hyperbolicus (Arsinh[y]) definieren.

             A = Arsinh[y] = ln [ y + Sqrt(y²+1) ]

Umkehrfunktion des hyperbolischen Tangens, Area tangens hyperbolicus: Wir definieren t=tanh[A] und setzen die Definition für den hyperbolischen Tangens ein. Die so erhaltene Funktion t(A) wird umgeformt. sodass wir die Umkehrfunktion A(t) erhalten. Diese Umkehrfunktion wird als Area tangens hyperbolicus definiert:

             A = artanh[t] = (1/2) * ln [(1+t)/(1-t)]

Aufgabe: Zeige, dass
ln [ x + Sqrt(x²-1) ] - ln [ x - Sqrt(x²-1) ] = 0
gilt!





Weiter geht's: Differentiation und Integration der Hyperbelfunktionen