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Hyperbelfunktionen im Lexikon von mathe online

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H 8. Eulersche Formel,
eiT = cos[T] + i*sin[T]


In diesem Abschnitt wird eine einfache Herleitung der Formel des Euler gezeigt. Mit dieser Formel werden dann im nächsten Abschnitt die Zusammenhänge zwischen den Winkelfunktionen und den hyperbolischen Funktionen diskutiert!

Bekanntlich können in der Gauß-schen Zahlenebene die komplexen Zahlen im Allgemeinen auch in der Form r*(cos[T]+i*sin[T]) beschrieben werden. In dieser Form ist r der Betrag der komplexen Zahl (der Abstand vom Ursprung). T kann als Winkel gedeutet werden, den der "Zeiger" (vom Ursprung zur Zahl) mit der positiven Realachse einschließt. Jene komplexen Zahlen welche am Bogen des Einheitskreises liegen haben trivialerweise den Betrag 1, sie können daher mit (cos[T] + isin[T]) beschrieben werden. Nun definieren wir eine von der Variablen T abhängige Funktion u(T) wie folgt:

             u(T) = cos[T] + isin[T]

Sodann leiten wir diese Funktion ab.

             u'(T) = -sin[T] + icos[T]

Andererseits erhalten wir, wenn wir u mit der imaginären Einheit, i, multiplizieren einen weiteren Ausdruck für -sin[T]+icos[T].

             iu(T) = icos[T] + i²sin[T] = -sin[T] + icos[T]

Wenn wir die beiden letzten Resultate gleichsetzen, so erhalten wir eine Differentialgleichung:

             u'(T) = i*u(T)

Aus Sicht dieser Differentialgleichung ist u eine Funktion, welche im Wesentlichen sich selbst als Ableitung hat. Es kommt beim Ableiten nur der Faktor i dazu. Wenn wir uns auf Basis dieser Informationen überlegen, wie u(T) ausschauen könnte, so kommt nur die Exponentialfunktion mit iT im Exponenten in Frage, also eiT, denn

             [eiT]' = i*eiT

eiT kann also als Lösung u(T) der Differentialgleichung u'(T) = u(T) aufgefasst werden. Ohne Beweis sei angeführt, dass diese Lösung u(T)=eiA die einzige Lösung der Differentialgleichung u'(T)=iu(T), wenn wir zusätzlich noch die Anfangsbedingung u(0)=1 fordern! Nun dürfen wir auch u(T)=cos[T]+isin[T], was wir eingangs definiert hatten der Lösung aus der Differentialgleichung gleichsetzen und erhalten somit die Eulersche Formel

             eiT = cos[T] + isin[T]

Alternativ kann die Euler-Formal auch mit Reihenentwicklung bewiesen werden.







H 9. Zusammenhänge zwischen den hyperbolischen und den Winkelfunktionen


Wir haben im vorigen Anschnitt, H 8, die Euler-Formel, eiT = cos(T) + i*sin(T), und deren Herleitung gezeigt. Wenn wir in diese Formel statt dem Argument T nun -T als Argument setzen, so erhalten wir:

             e-iT = cos(-T) + i*sin(-T) = cosT - i*sinT

Bei der letzten Umformung haben wir benützt, dass die Cosinusfunktion eine gerade Funktion und die Sinusfunktion eine ungerade Funktion ist. Wenn man den so gewonnenen Term für e-iT und jenen für eiT addiert, erhalten wir

             eiT + e-iT = 2*cos[T]

             (1/2)*(eiT + e-iT) = cos[T]


Der Ausdruck auf der linken Seite der Gleichung sieht aus wie ein hyperbolischer Cosinus, allerdings ist das Argument jetzt imaginär und lautet iA. Zwar haben wir in die einzelnen Texte über die Hyperbelfunktionen immer wieder Intuition und Anschaulichkeit einfließen lassen. Argumente und Funktionswerte der Hyperbelfunktionen haben wir gedanklich wohl immer mit reellen Zahlen assoziiert. Dennoch: Wir sind von der Exponentialfunktion ausgegangen: Von da an haben wir bei den Herleitungen und Beweisführungen tatsächlich nur Axiome benützt, welche nicht nur für reelle, sondern auch für komplexe Zahlen, gelten. Wenn wir nun davon ausgehen, dass die Exponentialfunktion auch für beliebige komplexe Argumente sinnvoll definiert ist, können wir daher auch die Hyperbelfunktionen für komplexe Argumente und Funktionswerte zulassen (die Funktionen werden also ins "Komplexe" erweitert). Zunächst sei ohne Beweis angeführt, dass die Winkelfunktionen genau so in die Welt der komplexen Zahlen erweitert werden können. Wir meinen jetzt nicht, dass wir eine Formel, wie etwa eiT=cos[T]+isin[T] kennen, sondern, dass wir ab jetzt Winkelfunktionen auch mit komplexen Argumenten und damit auch mit komplexen Funktionswerten betrachten werden (siehe hiezu die Ausführungen im nächsten Kapitel). Nachdem wir nun die Hyperbelfunktionen für komplexe Argumente zugelassen haben und keine Widersprüche befürchten müssen, betrachten wir iT als unsere Recheneinheit und setzen in die Definition des hyperbolischen Cosinus ein, auf der rechten Seite verbleibt die Cosinusfunktion des Einheitskreises (T sei reell, diese Einschränkung ist jedoch nicht notwendig):

             (1/2)*(eiT + e-iT) = cosh[iT] = cos[T]

Damit ist ein Zusammenhang zwischen den beiden Cosinusfunktionen hergestellt. Subtrahiert man die zwei Exponentialfunktionen erhält man einen Term für die Sinusfunktion

             (1/2)*(eiT - e-iT) = i*sin[T]

             sinh[iT] = i*sin[T]


Der Leser möge sich überlegen, wie man die nachstehen angeführte Beziehung zwischen dem hyperbolischen Tangens und dem des Kreises zeigen kann:

             tanh[iT] = i*tanh[T]

Möchte man jedoch in der hyperbolischen Funktion ein reelles Argument benützen, so setzt man einfach iT=A. Wir zeigen diese Rechnung anhand des hyperbolischen Cosinus (beachte: i²=-1):

             cosh[iT] = cos[T]

             cosh[A] = cos[A/i] = cos[iA/i²] = cos[Ai/(-1)] = cos[-iA] = cos[iA]


Wieso kommen wir, wenn wir nach einem Zusammenhang zwischen den hyperbolischen Funktionen und denen des Kreises suchen, nicht ohne komplexe Zahlen aus? Eine Antwort dazu liefert das nächste Kapitel.


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