Zahlenmengen und ihre Eigenschaften

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Gabriel Ranz

E-mail: gabriel.ranz@edu.uni-graz.at
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Übersicht:       
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1. Die natürlichen Zahlen ℕ
2. Die ganzen Zahlen ℤ
3. Die rationalen Zahlen ℚ
4. Die reellen Zahlen ℝ
5. Zusammenfassung und Ausblick
6. Quellenangabe

Die reellen Zahlen ℝ
 
4.1 Einleitung und Motivation
Im letzten Kapitel wurde die Dichtheit der rationalen Zahlen ℚ besprochen. Dabei haben wir gezeigt:
Zwischen zwei verschiedenen Punkten A und B auf der Zahlengeraden, die rationale Zahlen darstellen, liegt mind. ein Punkt C, der eine weitere rationale Zahl darstellt.
Dieselbe Überlegung lässt sich für die Punkt A und C bzw. C und B wiederholen, sodass rationale Zahlen E und F mit A < E < C und C < F < B gefunden werden.
Da sich dieser Vorgang unendlich oft wiederholen lässt, erkennen wir: Zwischen zwei gegebenen rationalen Zahlen liegen unendlich viele weitere rationale Zahlen.
Für die Zahlengerade bedeutet dies: Zwischen zwei Punkten, die rationale Zahlen darstellen, lassen sich unendlich viele weitere rationale Zahlen einzeichnen.

Versucht man also, alle möglichen rationalen Zahlen auf dem Zahlenstrahl einzuzeichnen, so wird dieser bald von Punkten übergehen.
Dies legt die Vermutung nahe, dass die rationalen Zahlen die Zahlengerade vollständig ausfüllen.
Mit anderen Worten: Die Veranschaulichung deutet darauf hin, dass jedem Punkt auf der Zahlengerade eine rationale Zahl entspricht.

Diese Vermutung ist allerdings ein Irrtum!
Es zeigt sich nämlich, dass immer "Lücken" auf dem Zahlenstrahl frei bleiben, denen keine rationale Zahl entspricht.
Auch wenn somit zwischen zwei beliebigen rationalen Zahlen unendlich viele weitere rationale Zahlen liegen, wird der Zahlenstrahl doch nicht vollständig ausgefüllt!


Eine besonders berühmte "Lücke" auf dem Zahlenstrahl ist √2, die Länge der Diagonale eines Quadrats mit Kantenlänge a = 1.
Im Folgenden findest du den Beweis, dass √2 keine rationale Zahl ist und daher eine "Lücke" auf dem Zahlenstrahl darstellt...




 
4.2 Beweis der Irrationalität von √2
Der griechische Mathematiker Euklid (330-275 v.Chr.) verwendete für den Nachweis, dass √2 eine irrationale Zahl ist, einen indirekten Beweis.
Dieses spezielle Beweisverfahren nimmt zunächst an, das Gegenteil der zu beweisenden Aussage sei wahr, und leitet daraus einen Widerspruch ab.
Somit kann das Gegenteil der Aussage nicht richtig sein, d.h. die Aussage selbst muss richtig sein.

In die heutige Sprechweise übersetzt lässt sich der Beweis von Euklid folgendermaßen darstellen:

Wir beginnen mit dem Gegenteil der zu beweisenden Aussage. Angenommen also, √2 ist eine rationale Zahl.
Dann kann sie als Bruchzahl geschrieben werden, d.h. es gibt ganze Zahlen p und q, sodass √2=p/q gilt.
Weiters kann argumentiert werden, dass p und q positiv sind und dass so weit wie möglich gekürzt wurde (d.h. p und q sind teilerfremd).
Wegen 1²=1 und 2²=4 muss √2 zwischen 1 und 2 liegen, d.h. 1 < √2 < 2.
Da √2 somit keine ganze Zahl ist, muss q ≠ 1 sein, d.h. p/q ist eine echte Bruchzahl.
Die obige Darstellung von √2 wird nun quadriert, was 2=(p·p)/(q·q) ergibt.
Da p und q teilerfremd sind, kann auch dieser Bruch nicht weiter gekürzt werden, stellt also keine ganze Zahl dar.
Daraus folgt aber aus der Gleichung, dass 2 keine ganze Zahl ist – ein offensichtlicher Widerspruch!

Die Annahme, dass √2 eine rationale Zahl ist, muss also falsch sein: √2 ist irrational.



Überprüfe dein Verständnis des Beweises in der Zuordnungsübung , bei der die richtige Reihenfolge dieses berühmten Beweises rekonstruiert werden muss!




 
4.3 Definition der reellen Zahlen
Die rationalen Zahlen ℚ reichen also nicht aus, um die Zahlengerade vollständig zu füllen. Es bleiben Lücken bestehen.
Um jeden Punkt der Zahlengerade zu erfassen, muss die Menge ℚ daher auf die Menge ℝ der reellen Zahlen erweitert werden.
Jene reellen Zahlen, die nicht in ℚ liegen - die Lücken am Zahlenstrahl - heißen irrationale Zahlen, etwa √2, √5, π etc.
Jede reelle Zahl, d.h. jeder Punkt auf der Zahlengerade, ist daher entweder rational oder irrational.
Für die irrationalen Zahlen gibt es kein eigenes Symbol, man kann sie jedoch als ℝ\ℚ bezeichnen.
Mit dieser Notation sind alle reellen Zahlen gemeint, die nicht in ℚ liegen, also alle irrationalen Zahlen.

Für ℝ gilt: Jeder reellen Zahl entspricht genau ein Punkt auf der Zahlengeraden und umgekehrt.
Die reellen Zahlen füllen also die Zahlengerade vollständig aus.
Daher sagt man: Die Menge ℝ der reellen Zahlen ist vollständig.


Da die reellen Zahlen eine Erweiterung der rationalen Zahlen darstellen, ist ℚ natürlich in ℝ enthalten.
Zusammen mit den anderen bereits bekannten Beziehungen ergibt sich somit: ℕ ⊂ ℤ ⊂ ℚ ⊂ ℝ.

Eine streng mathematische Definition der reellen Zahlen anzugeben, ist gar nicht so einfach.
Tatsächlich wurde eine exakte Definition historisch erst sehr spät, nämlich im 19.Jahrhundert gefunden, obwohl man schon Jahrhunderte mit reellen Zahlen gerechnet hatte.
Für unsere Zwecke reicht es aber, reelle Zahlen als Punkte am Zahlenstrahl aufzufassen.

Ein praktisches Unterscheidungsmerkmal zwischen rationalen und irrationalen Zahlen bietet die Dezimaldarstellung. So gilt:

Zahlen, deren Dezimaldarstellung abbricht (z.B. 5/2 = 2,5) oder periodisch ist (z.B. 1/3 = 0,333...), sind rational.
Zahlen, deren Dezimaldarstellung weder abbricht noch periodisch ist, sind irrational.



Bsp: Eine in der Mathematik überaus wichtige Zahl ist π. Da π irrational ist, bricht die Dezimaldarstellung weder ab, noch ist sie periodisch.
Die ersten 100 Nachkommastellen von π sind etwa:
π = 3, 1415926535897932384626433832795028841971693993751058209749445923078164062862089986280348253421170679




 
4.4 Mathematisches Lexikon - R
http://www.mathe-online.at/mathint/lexikon/r.html

Vergleiche die hier gegebene Präsentation der reellen Zahlen mit dem Eintrag im Mathe-Online Lexikon.
Worin bestehen Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede?




 
4.5 Arbeitsblatt zu den reellen Zahlen ℝ
Beantworte folgende Punkte auf einem mit dem Mathematik Add-In gestalteten Arbeitsblatt.
Lade dieses Arbeitsblatt dann auf der Moodle-Seite zum Lernpfad hoch!

1.) √2 und √3 sind irrational. Sind alle Wurzeln natürlicher Zahlen irrational?

2.) √2 ist die Diagonale eines Quadrats mit Kantenlänge a=1. Wie lassen sich √3, √5 und √13 konstruieren bzw. zeichnen?

3.) Welche mathematischen Operationen sind in ℝ unbeschränkt durchführbar?

4.) ℚ ist dicht. Ist die Menge ℝ der reellen Zahlen ebenfalls dicht?

5.) In welchem Sinne ist die Menge ℝ der reellen Zahlen vollständig?




 
4.6 Multiple-Choice Test zu den reellen Zahlen ℝ
Überprüfe dein bereits erworbenes Wissen zur Menge ℝ der reellen Zahlen anhand eines Multiple-Choice Tests.
Hinweis: Es können unterschiedlich viele Fragen richtig sein. Von keiner einzigen bis zu allen Fragen ist alles möglich!

Multiple-Choice Test zu den reellen Zahlen




 
4.7 Geschichtliches zu den reellen Zahlen
Irrationale Zahlen – wie z.B. π – waren schon früh in der Mathematik bekannt. Noch unbekannt war aber, dass π nicht als Bruch darstellbar ist. Der griechische Mathematiker Euklid bewies, dass √2 eine irrationale Zahl ist.
Michael Stifel (1487-1567) erkannte schließlich, dass eine irrationale Zahl keine ganze und keine gebrochene Zahl sein könne. Er entdeckte auch, dass zwischen zwei ganzen Zahlen undendlich viele Brüche, aber auch unendlich viele irrationale Zahlen liegen. Die exakte Definition der irrationalen Zahlen gelang erst relativ spät, nämlich deutschen Mathematikern im 19. Jahrhundert.




 
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