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Zum Begriff der "Rate":

Die Bezeichnungsweise ist nicht ganz einheitlich, was den Begriff der "Rate" betrifft. Allen Varianten liegt aber eine gemeinsame Idee zugrunde: Sie werden auf etwas bezogen.

Eine "Rate" kann beispielsweise auf kleine Änderungen des Arguments und gleichzeitig auf den Wert einer Funktion bezogen werden. Diesem Begriff der Rate sind wir bereits begegnet: Im Kapitel über Exponentialfunktion und Logarithmus haben wir die Begriffe Wachstums- und Zerfallsrate exponentieller Prozesse kennen gelernt. Wir können sie nun vom Standpunkt der Differentialrechnung neu beleuchten:
Wird ein Wachstumsprozess durch die Funktion f(t) = f(0) elt beschrieben, so gilt mit Formel (22) dieses Kapitels

f '(t)  =  l f(0) elt,

was wir auch in die Form

f '(t)  =  l f(t)

bringen können. Für kleine zeitliche Änderungen Dt können wir das als

Df  »  l f Dt

schreiben. In Worten: Die Änderung von f ist proportional zu Dt (zur betrachteten Zeitspanne) und zu f selbst! Die Proportionalitätskonstante l wird in diesem Zusammenhang als Wachstumsrate bezeichnet. Sie ist die Änderung von f pro Zeiteinheit und bezogen auf den aktuellen Wert von f (man könnte auch sagen "pro Einheit von f "). Denken Sie an das Wachstum einer Bakterienkolonie: Pro Zeiteinheit kommen umso mehr Bakterien hinzu, je mehr es bereits gibt! Ein exponentieller Prozess ist dadurch charakterisiert, dass diese Rate konstant ist.
Derlei Überlegungen sind wichtig, wenn es um das Studium verschiedener Arten von Wachstum (oder Abnahme) geht. Wir werden dieses Thema im Kapitel über dynamische Systeme (in Vorbereitung) wieder aufnehmen.